Wann wird ein Hund zu gefährlich? Unter welchen Umständen sollte man einen Hund abgeben? Ab wann macht man sich selbst etwas vor?
Auslöser dieses Artikels war eine gerissene Schleppleine an einem ziemlich gefährlichen Hund, der dank intensiven Rückruftrainings (auch wenn er eigentlich nie frei geht) sofort wieder unter Kontrolle war.
Über dieses Thema muss ich ja immer wieder mal nachdenken, auch bei meinen eigenen Hunden. Nachdem im Leinenlos Rudel immer ein wirklich schwieriger Hund läuft und im Training auch öfters mal ein grenzwertige Hund-Halter-Kombination dabei ist, stehe ich manchmal vor schwierigen Fragen und Entscheidungen.
Erkenne Deine Grenzen
Meine eigenen Grenzen haben sich im Laufe der Zeit und mit jedem schwierigen Hund ein wenig weiter verschoben. Vor langer langer Zeit war schon bei „der eigene Hund knurrt einen nicht an“ Schluss mit lustig, heute bin ich froh, wenn ein Hund diese Vorwarnung abgibt und nicht einfach nur zubeißt. Es gab Zeiten, da dachte ich, „ok, der ist nur für mich gefährlich, aber mit Kindern absolut ok, das wäre der Punkt, wo Schluss ist“ oder „sobald Blut fließt, ist der Bogen überspannt“. Heute denke ich anders und sehe das Loch in meinem Oberschenkel nicht mehr als Biss, sondern letztlich als meinen eigenen Fehler.
Wann wird ein Hund nun zu einer echten Gefahr?
Wann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man aufgeben sollte? Welche Fälle steuern auf eine Katastrophe zu? Woran kann man erkennen, dass es besser wäre, einen Hund abzugeben? Wann sollte man seine eigenen Motive in Frage stellen?
Neulich stolperte ich zu diesen Fragen über eine interessante Liste von Reisner Veterinary, die ich Euch auf keinen Fall vorenthalten wollte. Folgende Risikofaktoren machen eine Abgabe des Hundes ratsam laut Reisner:
1. Die Größe des Hundes – nicht immer kritisch, aber tendenziell können größere Hunde gefährlicher sein
2. Die Vorhersehbarkeit der Angriffe – je unvorhersehbarer, desto schwieriger zu vermeiden
3. Anwesenheit von Kleinkindern unter 6 Jahren oder Personen, deren Verhalten unvorhersehbar oder unkontrollierbar ist
4. Minimale Auslöser des Angriffs – wenn Kleinigkeiten wie Zuwenden oder Anschauen den Biss auslösen
5. Physiologische Erregung: Am Anlass gemessen übertrieben aggressives Verhalten, zum Beispiel wenn der Hund gleich mehrmals zubeißt
6. Hundehalter, der mit dem Verhalten nicht umgehen und den Hund nicht sicher führen kann
Das ist natürlich nur eine grobe Zusammenfassung und ich persönlich würde um einige Punkte ergänzen. Zum Beispiel der Zeit- und Platzfaktor: Kann der Hund sicher verwahrt werden. Der Geld-Faktor: Kann der Halter sich intensives Training unter Anleitung von Fachleuten leisten. Der Familien-Faktor: Ziehen alle an einem Strang oder unterschätzt ein Haushaltsmitglied die Gefahr. Der Rasse-Faktor: Gehört der bissige Hund einer Rasse an, die allgemein als gutmütig eingeschätzt wird.
Mein Fazit: Leinen und Beißkorbriemen können reißen und Hochsicherheitstrakttüren auch mal offen stehen, weil irgendwer sie versehentlich aufgemacht hat. Wir tun einem Hund nichts Gutes, wenn wir ihn unter allen Umständen unter ungeeigneten Voraussetzungen halten. Tierschutz bedeutet manchmal auch, einen Hund rechtzeitig abzugeben.